Nachdem wir unendlich viele und auch wunderschöne Eindrücke in den letzten Tagen gewonnen haben, freuen wir uns jetzt sehr auf ein paar ruhigere Tage in Fès.
Fès soll eine unbeschreiblich schöne Stadt sein, mit einer angeblich noch schöneren Medina (Altstadt mit Marktgässchen) als Marrakesch.
Der Weg dorthin ist wieder einmal bemerkenswert. Die Landschaft abwechslungsreich und großartig.
Aufgrund der langen Wegstrecke machen wir einen kurzen Zwischenstopp in der Stadt Midelt und weiter geht’s, vorbei an riesigen Oasen mit Dattelpalmen, die gerade in der Erntezeit stehen.
Wir freuen uns auf Fès, doch schon bei der Ankunft werden wir bereits kurz vor unserem Riad wieder einmal von einem freundlichen jungen Mann abgefangen, er will uns den Weg zeigen und "nur helfen“.
Er rät uns an gezeigter Stelle das Auto zu parken und will uns zum Riad bringen. Wir ahnen schon worauf das hinauslauft und lehnen dankend ab, entscheiden uns für den öffentlich abgegrenzten Parkplatz in der Nähe und lassen ihn zurück. Doch weit gefehlt, dass wir den netten Herrn damit los geworden wären.
Beim Fußweg zur Unterkunft fängt er uns erneut ab und will uns zum Riad begleiten. Wir lehnen noch einmal sein Angebot ab und lassen ihn deutlich wissen, wir benötigen weder Hilfe, noch werden wir ihn bezahlen. Doch er lässt nicht locker und läuft einfach vor uns her.
Beim Eintreten ins Riad hält er die Hand auf. Leicht genervt von diesen dauernden Belagerungen und dieser Geldklauberei, verweise ich noch einmal auf unsere Aussage "keine Bezahlung". Er bleibt weiterhin hartnäckig und die Riad-Managerin schaut erwartungsvoll und auffordernd zu uns - langsam fange ich an darüber innerlich zu kochen 😡.
Das nervt! Und zwar so richtig!
Nicht nur mich oder uns. Immer wieder werden wir Zeuge von solchen Aufdringlichkeiten und genervten Touristen.
Schon die kleinen Kinder fangen an ihre Dienste aufzuzwängen und Geld zu verlangen. Richtig ätzend. Du schaust in eine Richtung oder auf irgendetwas und schon hast du mindestens einen Jungen oder Mann an dir kleben, der dir „helfen“ will. Manche lassen dich auch direkt wissen, welche Summen sie erwarten. Das mag hier vielleicht normal sein, doch ich werde damit einfach nicht warm 😠.
„Lasst uns endlich in Ruhe“ geht es mir öfters durch den Kopf.
Was soll's, wir lassen uns die Laune nicht verderben und beschließen, unsere Zeit hier zu genießen. Das Riad ist toll, die Betreiber sind freundlich und unser Zimmer gemütlich und hübsch.
Nachdem wir von der Betreiberin die Empfehlung bekommen, bis 20 Uhr sicherheitshalber die Medina zu verlassen und besser außerhalb zu essen, wird unser erster Besuch der Medina eher kurz und die Suche nach einem Abendessen in der Stadt wieder eine kleine Herausforderung (aufgrund der oben beschriebenen Situation).
Um in den kommenden Tagen nicht von den "freundlich hilfsbereiten Herren" an allen Straßenecken bedrängt zu werden, buchen wir uns für den folgenden Tag eine geführte Tour durch die Stadt.
Da aufgrund starken Regens diese abgesagt wird, ziehen wir dann allerdings doch alleine los und besuchen am frühen Nachmittag auf eigene Faust die Medina.
Wir sind ehrlich erschrocken über so viel Müll, Dreck, Gestank und wenig ansprechender Atmosphäre. Wohlfühlen ist anders und uns gefällt diese Medina nicht ansatzweise so wie die von Marrakesch.
Beim Besuch der Berberei werden wir zu unserem Leidwesen auch wieder einmal von einem "freundlichen Herrn" zu einer unverschämt hohen Spende genötigt. Mir vergeht dabei die Lust auf die Stadt.
Ein abendlicher Besuch des hübschen und neu eröffneten Restaurants YallaYalla mit seiner kleinen aber sehr hübschen Dachterrasse am frühen Abend und das hervorragende Abendessen dort versöhnt uns mit dem Tag und der Situation.
Morgen findet dann hoffentlich die Guided Tour statt.
Und das tut sie zum Glück auch 😊🙏🏼
Unser Guide ist wunderbar. Er führt uns mit gutem und sicheren Gefühl durch Fès. Er zeigt uns Orte, an die wir alleine nie gegangen wären, erklärt uns worauf wir achten können und sollten und dank seiner Anwesenheit werden wir von niemanden belästigt. Er sagt belustigt, ich bin euer Guide und euer Bodyguard. Das ist nett gemeint, macht aber auch ein wenig nachdenklich, wofür man einen Bodyguard braucht 🤔.
Egal. Wir haben eine gute Zeit, bekommen viele Informationen und sehen zur Abwechslung auch ein paar sauberere Ecken.
In der Gerberei stinkt es allerdings genauso schrecklich wie am Vortag, deshalb bekommen wir am Eingang erneut einen Büschel Minze um den Gestank zu übertünchen. Die Bilder sehen meines Erachtens schlimm aus, treffen die Realität aber nicht im Ansatz 😷🫣😳
Das Land ist wunderschön, vielfältig und freundlich, doch an viele seiner Gepflogenheiten kann und will ich mich nicht gewöhnen. Ich finde hier vieles ambivalent.
Nur um einen meiner diesbezüglichen Eindrücke zu nennen:
Es gibt hier die schönsten Produkte wie z.B. edles Porzellan, tolle Schmiedekunst, schönsten Schmuck, feinste Gewänder, tolles Handwerk, hochwertige Öle und leckere Speisen, doch leider ertrinkt nahezu alles in unendlich viel Müll und Dreck.
Ich bin froh, dass wir Fès jetzt wieder verlassen. Die Stadt holt uns überhaupt nicht ab. Jetzt sind wir gespannt auf unseren nächsten Stopp in Chefchaouen und hoffen, dass es uns dort besser gefällt und wir uns wohler fühlen.
Fazit der Tage in Fés: ich bin dankbar für meine Herkunft.
Buen Camino ☀️🙏🏼
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